„Der Paso di Rest gibt mir den Rest“
Transalpfreunde Deutschland IG 2018
 
Das dürfte der am häufigsten gesagte Satz auf der diesjährigen Alpentour gewesen sein.
Klingt dramatisch. War es auch. Aber nun erst mal eins nach dem anderen.
 
Samstag, 1.9.2018
Unser Zeltlager am Chiemsee bei nasskaltem WetterWir hatten diesen außergewöhnlich schönen Sommer, mehrere Wochen mit über 30° im Schatten.
Und dann machten sich die Transalpfreunde auf zum Treffpunkt am Chiemsee. Es war den ganzen Tag nasskalt und regnete oft über Stunden. Die Temperaturen erreichten gerade mal zweistellige Werte. Als nach und nach die Teilnehmer der diesjährigen Alpentour auf dem Panorama-Camping in Prien eintrafen, nieselte es leicht. Bis die Zelte aufgebaut waren, trafen auch die Hotelschläfer ein und begingen den gemeinsamen Abend im Zeltplatzrestaurant bei gutem bayerischem Essen. Die Spannung war wie schon lange nicht mehr - immerhin hatten wir ein Ziel, wo wir in den 26 Jahren unserer Geschichte noch nie waren.
 
Sonntag, 2.9.2018
Großglockner-Hochalpenstraße, auf der EdelweißspitzeZum Start kam die Sonne raus und heiterte die Stimmung bedeutend auf. Auf der  Deutschen Alpenstraße kamen wir gleich mal richtig in die Berge rein. Über Inzell und Lofer ging es bei wechselnder Bewölkung nach Zell am See. Während der Pause dort schauten wir uns im Internet die Webcam der Edelweißspitze an - schließlich wollte keiner die 26 € Maut für die berühmte Großglockner Hochalpenstraße berappen, um dann im Nebel rumzustochern. Es sah gut aus, und so machten wir uns auf den Weg. Sehr schnell erkannte man, dass die Fahrbahn und Kurvenführung erste Sahne waren und ihren Preis zumindest ein Stück weit rechtfertigten. Nach wenigen Kilometern gerieten wir wie erwartet voll in die Nebelsuppe. Nun hieß es hoffen, dass die Wetterlage noch so war, wie es im Tal ausgesehen hatte. Und wir hatten Glück. Die Wolken lichteten sich, und wir konnten diese wahnsinnige Aussichten genießen - tatsächlich das erste Mal in unserer 26-jährigen Geschichte. Mit dem Großglockner hatten wir bereits am ersten Tag mit 2571 m den geografischen Höhepunkt der Alpentour erreicht. Über den wenig spektakulären Plöckenpass (1357 m) kamen wir nach einem kurzen Regenguss nach Italien rüber. Wir erreichten das Friaul, wo es in den Tälern einigermaßen entspannt voranging. Nach insgesamt 280 km waren es nur noch 30 km bis zum Ziel, bevor es lediglich über einen mit 1052 Höhenmetern relativ niedrigen Pass gehen sollte - den Paso di Rest…
Das sehr schmale, gerade mal so zweispurige Sträßchen ging ausschließlich durch dichte Wälder und war entsprechend unübersichtlich - und dann die vielen, engen Kehren. Die erfahreneren Fahrer hatten durchaus Spaß, mussten sich aber die ganze Route über höllisch konzentrieren. Die weniger Alpen-Geübten hatten da schon mehr Stress. Von denen stammte dann auch der Spruch oben. Wenigsten kam uns so gut wie kein Fahrzeug entgegen. Auf dem Camping in Tramonti di Sotto schlugen wir die Zelte um eine der Hütten auf, in der sich unsere Heimschläfer einquartierten. Abends gingen wir standesgemäß ins Restaurant des Zeltplatzes Pizza essen.
 
Montag, 3.9.2018
Pause in Ampezzo an der Straße
 
Die Nacht war frisch, aber wenigstens ohne Regen. Im Zeltplatzrestaurant gab es zum Frühstück gemäß Landessitte italienische Croissants. Für das eigene, auf unseren Alpentouren gewohnte, üppige Frühstück wollten wir im Laufe des Tages einkaufen gehen. Gleich zur Einstimmung durften wir den Paso di Rest mit seiner anspruchsvollen Streckenführung überwinden. Im Tal angekommen ging es gleich den nächsten Pass hoch, den 1425 m hohen Pura. Die Straße war etwas breiter als beim Rest und machte ähnlich Spaß. Aber so richtig ins Kurvenschwingen kamen wir auf der Bundesstraße 52 zum Maura (1298 m). Super Belag, angenehme Kehrenradien und überraschend wenig los. So kannte man die Alpen nun wirklich nicht. Offensichtlich befindet sich das Friaul komplett im Bekanntschaftsschatten der Dolomiten. Umso besser für uns.
Fast schon unwirkliche Kehrengruppe von der Lavardet-Nordrampe
 
 
Den höchsten Pass für heute befuhren wir mit dem Forcella Lavardet (1542 m). Kurz nach der Passhöhe zweigt eine Schotterpiste nach Norden ins Tal ab. Sie war nicht schwer zu fahren und ging vorwiegend geradeaus bergab. Interessant hier war auf einem breiten, asphaltierten Stück eine der größten Kehrendichten, die wir je erlebt haben. Die Geraden waren so kurz, dass die Kehren fast ineinander übergingen. Das sorgte für einen fast unwirklichen Eindruck.
Das Wetter wurde mittlerweile richtig sommerlich, nachdem es heute die meiste Zeit bewölkt war. Die Temperaturen pendelten sich zumeist  so um die 20° ein. Im Tal angekommen kauften wir im Supermarkt in Lozzo di Cadore für Frühstücke und Abendessen ein. Dann ging es wieder über den Mauria und den unvermeidlichen Paso di Rest zurück ins Lager. In der Küche der Hütte wurde dann erstmals unser köstliches Abendessen gekocht.
Dienstag, 4.9.2018
Heute konnten wir nun wirklich unser gewohnt üppiges Frühstück in der Veranda der Hütte einnehmen, bevor es bei schönstem Wetter los ging - nach Süden, den einzigen Weg aus dem Tal hinaus unter Vermeidung des Paso di Rest. Aber schon nach kurzer Zeit kamen wir vom Regen in die Traufe…  Gleich zu Beginn gerieten wir auf eine sehr enge kurvige Straße - natürlich fast ohne Verkehr. Und wer dachte, die Kehrendichte gestern vom Lavardet runter war krass, wurde nun eines Besseren belehrt. Dasselbe noch mal - nur enger und bergauf.
Wie in einem Science-Fiction-FilmSo schön diese abgeschiedenen engen Sträßchen auch waren, kamen wir doch nur langsam voran. Positiv auf den Schnitt wirkte sich ein kurzes Autobahnstück nach Vittorio Veneto aus. Mittlerweile war es hier am Rand der Alpen schon knackig warm bei fast 30° geworden. Aber schon nach kurzer Zeit ging es wieder rein in die Berge zum Paso San Ubaldo.
Der Pass ist mit 706 m nicht wirklich hoch. Aber der Anblick der Passstraße vom Tal aus hatte was Bizarres, wie aus einem Science-Fiction-Film. Fast alle Kehren waren in Tunnels und extrem eng. Man konnte sie nur im ersten Gang fahren. Dafür waren sie unbeleuchtet…  War schon eine spannende Sache. Schade, dass nach 10 Kehren Schluss war. Kurven-Feeling vom Feinsten kam dafür beim nächsten Pass auf, einem alten Bekannten - dem Duran mit 1605 m. In der unteren Hälfte konnte man fast alles mit dem dritten Gang und auf der letzten Rille fahren. Das war mal wieder richtig geil. Auf dem Rückweg kamen wir noch in ein mittelprächtiges Gewitter, das wir in einem langen Tunnel kurz vor Maniago fast vollständig unterfuhren. Dieses Mal blieben wir vom Paso di Rest verschont…
 
Mittwoch, 5.9.2018
Frühstücksstimmung auf der VerandaHeute setzte die Hälfte der Transalper tourenmäßig aus und machte sich einen faulen Tag auf dem Zeltplatz. Einige ganz Hartgesottene gingen sogar in den angrenzenden Fluss baden. Die anderen machten sich wieder auf den Weg nach Norden über den Paso di Rest. Der erste neue Pass war der Zoncolan mit 1750 m. Dieser war bisher der absolut steilste und sollte es auch für diese Woche bleiben. Steigungsmaxima von 23% z.T. in den Kehren waren eine Herausforderung. Die letzte Kehre konnte trotz ausreichender Breite nur im ersten Gang genommen werden. Kaum im Tal angekommen gings auf der anderen Seite die Bergstraße zum Zoufplan hoch.  
Wirklich schöne Schotterpiste auf dem ZoufplanWer bisher wegen der Enge und Unübersichtlichkeit des Paso di Rest geklagt hatte, erlebte nun eine deutliche Steigerung. Die Trasse war nur noch halb so breit, der größte Teil verlief im Wald, und die Kurven und Kehren waren völlig unübersichtlich. Nur gut, dass so gut wie kein Auto entgegenkam, und keines in einer Kurve. Kurz vor der Baumgrenze ging die Straße in Schotter über. Da es sich bei den Teilnehmern um den erfahreneren und schotterfreudigen Teil handelte, kam nun so richtig Freude auf: Transalp-Schotter vom Feinsten. Die Piste schlängelte sich am Hang entlang bei traumhaften Aussichten ins Tal und die umliegenden Berge. Auf 2008 m kamen wir an den Wendepunkt, wo wir halbwegs bequem umdrehen konnten.
Nach einer Kaffeepause im Tal ging es wieder in die Berge. Nun war die Panoramica delle Vette dran. Ähnlich wie beim Zoufplan ging es über eine sehr schmale Straße durch die Wälder den Berg hoch. An der Baumgrenze kamen wir auch hier auf feinsten Transalp-Schotter. Und die Panoramica hatte ihren Namen wirklich verdient. Auf bis zu 1967 m konnte man ca. 5 Kilometer bei schönster Aussicht entlangschottern. Danach fuhren wir nun von Westen den Lavardet an und von dort wieder über den Pura zurück. Es geriet zu reinsten Kurvenorgie, da die Fahrer ähnlich schnell unterwegs waren. Nach einer Kaffeepause gings dann über den Paso di Rest zurück.
 
Donnerstag, 6.9.2018
Morgenstimmung in unserem LagerHeute waren wieder alle zusammen unterwegs. Es ging nach Nordosten über Tolmezzo nach Paularo - nicht mehr weit weg von der österreichischen Grenze. Nach dem obligatorischen kurvenreichen Anstieg auf Asphalt, ging die Trasse kurz vor der Baumgrenze wieder in Schotter über. Obwohl nun auch die weniger Erfahrenen dabei waren, ging es doch ganz gut. Einzig der Himmel zog sich langsam zu. Auf dem Wendepunkt des Monte Paularo auf 1949 m angekommen schien noch ein wenig die Sonne. Kurze Zeit später standen wir voll in den Wolken. Wenigstens blieben wir vom Regen verschont - vorerst. Der erreichte uns dafür während der Mittagspause in Paluzza. Da es ziemlich düster aussah, warfen sich alle in die Gummianzüge für die Weiterfahrt Richtung Westen. Natürlich war es schnell wieder vorbei und die Straßen trocken. Und so beschlossen wir in Comeglians nicht heimzufahren, sondern doch noch den geplanten Schotterausflug zum Rifugio Marinelli nahe der österreichischen Grenze zu begehen.
Auf dem Paularo: Gerade wars doch noch sonnig.Das war allerdings keine gute Idee. Auf dem Weg dorthin setzten immer wieder Regengüsse ein,  unterbrochen durch trockene Passagen. Und leider regnete es sich auf dem letzten Stück richtig ein. Schade, denn die Strecke war richtig spannend. Es ging gleich über ungewöhnlich steile und enge Kehren. Wenigstens waren sie ausbetoniert. Die geraden, ebenfalls recht steilen  Zwischenstücke wiesen den gröbsten Schotter dieser Tour auf. Aber es ging noch ganz gut. Auf 1682 m Höhe beim Rifugio Moraretto war eine gute Stelle zu wenden. Es war bei Regen einfach nicht so prickelnd, und die weniger Schotter-affinen Fahrer waren ja auch noch dabei. Bisher hatten wir keinen Sturz, und das sollte auch so bleiben.
Den letzten Abend aßen wir nicht unser Selbstgekochtes auf der Veranda, sondern gingen über einen Fußweg die 10 Minuten ins Dorf, wo sich ein ganz passables Restaurant befand. Schließlich hatten wir keine Gelegenheit mehr, die übrig gebliebenen Speisen aufzubrauchen. Damit neigte sich die 23. Alpentour der Transalpfreunde ihrem Ende zu. 
Die schönste Aussicht auf der Paso di Rest-PisteFreitag, 7.9.2018
Nach dem letzten Frühstück auf der Veranda traten die Transalper wieder die Heimreise an - natürlich über den Paso di Rest. Man beeilte sich mit dem Zeltabbau, weil Regen angekündigt war. Es sollte noch den ganzen Tag über unbeständig bleiben. Das Friaul wird uns in guter Erinnerung bleiben: Alles, was wir an den Alpen lieben - nur mit wenig Verkehr.
 
Organisation: Georg Spindler
Fotos: Joachim Seith, Georg Spindler, Mike Tschumper 
 
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