Samstag, 31.7.
Es war einer dieser schwülwarmen Samstag Nachmittage mit Temperaturen deutlich über 30°. An der wunderschönen Seepromenade in Bregenz am Bodensee sammelten sich die Transalps...
Aber halt, wie das? Seit wann treffen wir uns an Seepromenaden? Ganz einfach: Die ersten Teilnehmer der Alpentour 2004 wollten vor dem Zeltaufbau auf dem vereinbarten Treffpunkt westlich von Bregenz kurz mal an der berühmten Seepromenade Halt machen. Aber die parkenden Transalps an der Hauptstraße zogen zwangsläufig die folgenden Teilnehmer an, so dass sich fast alle in einem Café an der Promenade wieder fanden. Kurze Anekdote am Anfang…
Auf jeden Fall hatten sich bis zum Abend alle auf dem Zeltplatz Rohrspitz zusammen gefunden und waren gestärkt für die bevorstehende Woche. Es waren anstrengende Tage zu erwarten.
Sonntag, 1.8.
Fast pünktlich um 10 nach dem gemeinsamen Frühstück ging’s los. Es war knackig heiß, als die 10 Transalps durch das Rheintal auf Schweizer Landstraßen gen Süden fuhren - oder sollte man besser sagen „Ortsstraßen“, denn auf den ersten 50 km reihte sich eine Ortschaft an die andere. Wenigstens war um diese Zeit nicht viel los, und wir sparten uns die leidige Vignette. Ab Liechtenstein wurde die Besiedlung dünner. Die Fahrerei wurde wieder angenehmer.
Der erste Höhepunkt des Tages - im wahrsten Sinne des Wortes war die Überquerung des Gott-hard-Passes - allerdings auf der alten Pflasterstein-Piste. Es war zwar recht holprig, machte auf den Transalps aber dennoch Spaß. Vor allem gab es hier anders als auf der neueren ausgebauten Straße kaum Autos, und auch die zahlreichen Ducatis und andere Vertreter der R-, Z- und Y-Fraktion waren mit einem Mal verschwunden. Nach zahlreichen Kurvenerlebnissen im Tessin bei Bellinzona angekommen, wurde es fast schon wieder unerträglich heiß. Nur gut, dass es kurz danach einen wirklich unbekannten Pass (Alpe di Néggia, 1395 m) hoch ging. Das Sträßchen war sehr steil und eng, die Kehren spitz - also nicht ganz einfach das Ganze. Der Abstieg war wesentlich interessanter und die Kurven gleichmäßiger. Zudem wurden wir mit einer atemberaubenden Aussicht auf den Lago Maggiore belohnt. Abends schlugen wir dann die Zelte auf einem Platz nahe bei Varese an einem kleinen See auf. Klar, dass sich gleich ein Teil in dessen Fluten erfrischte.
Montag, 2.8.
Heute frühstückten wir nicht in unserer Runde bei den Zelten, sondern fuhren an den 15 km entfernten Lago Maggiore und aßen in einem richtigen italienischen Straßencafé direkt am See. Die Croissants und die Paninis waren hervorragend, ebenso der Kaffee. Eine solche Kulisse bei einem Frühstück hatten wir noch nie. Besser konnte der Tag nicht beginnen. Wir fuhren dann noch ein paar Kilometer am weniger berühmten, aber dennoch sehr schönen Ostufer des Sees entlang, bevor wir uns auf die Autostrada begaben. Das mit der Autobahn machte reichlich Sinn, denn es ging durch die landschaftlich wenig interessante und dicht besiedelte Po-Ebene. Heute hatte es 36°, und man konnte verstehen, warum einige von uns die Po-Ebene auch das „Death-Valley Italiens“ genannt haben.
Nach Turin ging es allmählich bergauf, und bei Oulx am legendären Mont Chaberton verließen wir wieder die Autobahn (ca. 10 € an Maut ärmer). Der nächste Pass war der Montgenèvre (1850 m) an der französischen Grenze. Vor allem die Westseite machte mächtig Spaß. Es wurde wie erwartet kühler, aber so richtig freuen konnten wir uns nicht darüber. Denn es brauten sich dunkle Wolken über dem Col d’Izoard (2361 m), unserem Highlight des heutigen Tages, zusammen. Und in der Tat, wir hatten kaum angefangen uns in die traumhaften Kurven einzuschwingen, als es ordentlich zu regnen anfing. Ein Jammer um die schönen Kurven und die atemberaubenden Gebirgseindrücke, die uns nun entgingen. Im Tal hörte der Regen dann wieder auf - na prima. Aber so konnten wir wenigstens im Trockenen die Zelte bei Guillestre aufbauen. Es reichte sogar gerade noch zum Einkauf im Supermarkt, so dass wir einen richtig schönen Grillabend nahe bei unseren Zelten abhalten konnten.
Dienstag, 3.8.
Unser erster von drei Tagen in Guillestre war angebrochen und die Sonne wieder zurück, wenngleich es relativ frisch war. Von der Hitze des letzten Jahres keine Spur. Allerdings wie dereinst genehmigten wir uns ein üppiges französisches Frühstück, auch wenn der Supermarkt nicht um die Ecke war, und unsere Einkäufer mit dem Motorrad losziehen mussten. Danach ging unsere erste Tour ohne Gepäck los. Zunächst überquerten wir den Col du Vars (2111 m), ein gut ausgebauter Pass mit wunderschönen Kurven, die sehr viel Spaß machten. Im Tal angekommen ging’s gleich wieder hoch zum berühmten Bonette, den mit 2802 m höchsten asphaltierten Alpenpass. Dieser bestach weniger mit Kurven als mit grandiosen Ausblicken. Zudem war er für uns von historischem Wert. Auf der ersten Alpentour der Transalpfreunde hatten wir uns vor fast genau 11 Jahren um denselben „Hinkelstein“ gruppiert. Kinder wie die Zeit vergeht.
ImTal gerieten wir dann in ein Gewitter. Wir nutzten erst mal die Zeit zu einer ausgiebigen Mittagspause. Leider hörte der Regen so schnell nicht auf, und wir mussten den Col de Lombarde (2351 m) bei Nässe befahren. Hierbei handelte es sich um ein sehr schmales Sträßchen mit unzähligen Kurven und sehr schönen Ausblicken, die wir halt nur eingeschränkt genießen konnten. Nach einer weiteren Pause im Tal - nun wieder auf der italienischen Seite - ging es zum Col de Larche (1991 m) Richtung Frankreich zurück, leider bei noch immer zum Teil strömendem Regen. Erst auf dem Pass wurde das Wetter wieder besser. Noch einmal über den Vars, und unser Zeltplatz hatte uns wieder. Ein weiterer Grillabend stand an. Eine originelle Anekdote am Rande: Wir zelteten ja an einem Wildbach und kühlten unsere Lebensmittel und Getränke sehr effizient darin. Als wir aber heute zurückkamen, war aus dem Bach ein reißender Fluss mit braunen Fluten geworden, und wir hatten einige Mühe unseren Proviant wieder zu finden. Das meiste konnte jedoch noch geborgen werden.
Mittwoch, 4.8.
Die nächste Pässetour stand an. Dieses Mal dauerte die Anfahrt zum ersten Aufstieg etwas länger. Es ging zunächst an den Lac de Serre-Poncon, einem riesigen Stausee mit tollen Panoramaansichten. Dabei umfuhren wir erfolgreich eine Regenfront, die in den Bergen linker Hand von uns festhing. In Barcelonette bogen wir dann ab zur Nordrampe des Col d’Allos (2240 m). So interessant die Strecke auch war, wurde uns der Spaß durch den unerwartet starken Autoverkehr doch etwas beeinträchtigt - eigentlich ein Phänomen, das wir auf dieser Alpentour bisher so nicht hatten. Immer wieder mussten wir anhalten, weil auf dem engen Sträßchen zwei Autofahrer nicht aneinander vorbei kamen. Im Tal angekommen ging es gleich weiter zum relativ unbekannten, aber dafür umso originelleren Col de Champs (2095 m). Das fing schon mal damit an, dass man den Zugang für eine Hofeinfahrt halten konnte. Entsprechend schmal war das Sträßchen auch. Man konnte meinen, jeden Moment hört es auf. Wir fuhren regelrecht durchs Dickicht. Auch verkehrstechnisch war hier nun absolut nichts los. Grandios war natürlich wieder das Panorama jenseits der Baumgrenze. Im nächsten Tal angekommen pausierten wir in einer Kneipe, deren Gartenwirtschaft direkt in einer engen Haarnadelkurve lag. Es war schon einzigartig mitanzusehen, wie sich die Motorradfahrer in der Schräglage buchstäblich über unsere Teller legten. Danach ging es den Col de Cayolle hoch (2327 m). Hatten wir gegenüber gestern bisher Glück mit dem Wetter, sollte es damit nun auch zu Ende sein. Beim Abstieg kamen wir in eine pechschwarze Gewitterfront rein - mit den gewohnten Folgen. Erst kurz vor Guillestre hörte der Regen auf. Nachdem das Wetter recht unbeständig aussah, verzichteten wir heute auf unseren Grillabend und gingen zu Fuß in die Stadt, um uns in einer Pizzeria zu verköstigen.
Donnerstag, 5.8.
Der letzte Tag unseres Frankreich-Aufenthalts war angebrochen. Das Wetter war zunächst nicht so toll. Sogar beim Frühstück bekamen wir immer wieder ein paar Regentropfen ab. Als wir starteten, schien jedoch wieder die Sonne. Zuerst ging es den Col d’Agnel (2744 m) hoch, der durch faszinierende Landschaften und schöne Kurven aufwartete. Der Pass selbst lag heute zum Teil in den Wolken, was den Aufenthalt oben etwas ungemütlich gestalte-te. Kurz vor der Mittagspause ereilte uns wieder ein Regenguss. Danach ging es bei wechselhaftem Wetter durch die Po-Ebene an Cuneo vorbei Richtung Süden. Unser Plan war, den berühmten Tenda-Pass (1871 m) von zwei Seiten gleichzeitig anzufahren. Die eine Seite ist geschottert, die andere asphaltiert, und beide sind durch einen Tunnel verbunden. Die Idee selbst war gut.
Nur hatten wir heute ausgesprochenes Pech, weil ein Laster im Tunnel hängen geblieben war und erst geborgen werden musste. Also fuhren wir alle die Asphaltpiste bis zur Passhöhe hoch. Die - nicht zum Zug gekommenen - Schotterfreunde gönnten sich nun aber einen mehr als angemessenen Ausgleich: Sie fuhren einige Kilometer weit die legendäre „Ligurische Grenzkammstraße“ entlang. Die kurze Strecke bis zum ersten Sattel hatte es gleich richtig in sich für unsere Straßenreifen, und das Fahren in den Regenklamotten sorgte für zusätzliche Erschwernis. Aber das Ganze machte riesig Spaß, weil für die Transalp gerade noch geeignet. Die Rückfahrt erfolgte nun wieder über den Col de Larche - dieses Mal auf trockener Straße. Da es bereits nach 20 Uhr war, als wir in Guillestre eintrafen, fuhren wir gleich mit den Motorrädern in die Stadt zum Essen.
Freitag, 6.8.
Auch die schönste Alpentour geht mal vorüber. Nach dem letzten französischen Frühstück im Freien starteten wir bei sonnigem Wetter Richtung Italien. Wir fuhren denselben Weg zurück, obwohl wir so etwas normalerweise zu vermeiden versuchen. Aber dieses Mal bewährte es sich. Wir konnten den Izoard nun bei Sonnenschein befahren. Die ganzen tollen Kurven, die wir auf der Hinfahrt durch den Regen eiern mussten, konnte man nun richtig durchflitzen. Natürlich wurde eine Fotopause an der Stelle mit den berühmten Felsformationen gemacht. Ähnlich Spaß machte wieder der Montgenèvre. In der Po-Ebene angekommen, stellten wir dann fest, dass sich das Wetter seit unserer Herfahrt dort überhaupt nicht geändert hat. Es war immer noch drückend heiß bei über 30°. Anscheinend hing das wechselhafte Wetter nur in den Westalpen. Bei Varese angekommen, schlugen wir aufgrund eines nahenden Gewitters in Rekordtempo die Zelte auf. Das Gewitter streifte die Region aber nur. Und so konnten wir beim Baden im See den Blitzabgängen in den benachbarten Bergen zuschauen - eine durchaus faszinierende Erfahrung. Der Abend wurde wieder in der Pizzeria im Dorf begangen.
Samstag, 7.8.
Wie auf der Herfahrt auch fuhren wir wieder in das nette Straßencafé direkt am Lago Maggiore zum frühstücken. Das Wetter spielte auch mit, so dass es wieder ein unvergleichliches Erlebnis wurde. Der Alpe di Néggia machte ebenso Spaß wie auf der Herfahrt, nur dass die Aussichten nun aufgrund der Vormittagszeit weniger diesig waren als am Sonntag. Immer wieder beeindruckten die „Flugzeugausblicke“ auf Locarno. Die einzige Abweichung von der Anfahrtsroute stand heute an. Statt den Gotthard-Pass zurück zu fahren überquerten wir den Lukmanier (1916 m). Hierdurch sparten wir sogar etliche Kilometer. Der Pass selbst war weniger spektakulär. Die Nordseite bot wenigstens ein paar sehr schöne Landschaftseindrücke. Ab Disentis wurde es dann richtig heiß. Langsam wurde es uns klar, dass wir die Hitzewelle in Deutschland verpasst hatten. Die letzte Nacht verbrachten wir wieder bei Bregenz am Bodensee. Ein letztes Mal auf dieser Tour aßen wir zusammen zu Abend, natürlich im Freien mit wunderschönem Seeblick - also ein der Veranstaltung würdiges Ende.
Sonntag, 8.8.
Tja, das war’s dann auch schon wieder. Unsere vierte Alpentour war zu Ende. Es wurde richtig heiß, kaum, dass wir die Zelte abgebaut hatten. Durch Bregenz durch fuhren noch die meisten Teilnehmer zusammen. Danach ging es wieder in die verschie-densten Himmelsrichtungen davon.
Fazit:
In sieben Tagen haben wir 14 Alpenpässe befahren, davon 8 mit über 2000 m und 2 mit über 2500 m und fast alle spätestens beim zweiten Anlauf im Trockenen. Wir erlebten die tollsten Landschaftseindrücke, konnten einige Kilometer der faszinierendsten Schotterpiste der Alpen befahren, in der Runde das gute französische Frühstück einnehmen, zwei Grillabende genießen und sogar wieder schwimmen gehen. Neu war das super Frühstück am Lago Maggiore. Dennoch kam nicht die Stimmung der vergangenen zwei Jahre auf. Es war nun mal eindeutig die Alpentour mit dem schlechtesten Wetter in unserer Geschichte. Der tägliche Regenguss und das unsichere Wetter dämpften irgendwie unsere Euphorie. Ein paar leichte Stürze im Regen sorgten bei den betroffenen Teilnehmern für zusätzlichen Frust. Aber letztendlich waren dies alles Dinge, die weniger mit unserer Organisation als mit der Witterung zusammen hingen. Gemessen an diesen Gegebenheiten war unsere Stimmung perfekt und die Alpentour einmal mehr unvergesslich. Noch eine gute Nachricht zuletzt: Das Wetter im nächsten Jahr kann statistisch gesehen nur noch besser werden.
Organisation: Georg Spindler
Fotos: Ingo Tiegs, Mike Tschumper, Christian Bröggelwirth, Stefan Weißenrieder
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