Samstag, 23.7.

Und wieder war es soweit: Die Alpentour der Transalpfreunde stand an - für viele auch gleichbedeutend mit dem Höhepunkt der Transalp-Saison. Wie schon im letzten Jahr sammelte sich der grösste Teil der bis zu 12 teilnehmenden Transalpfahrer/-innen auf der Seepromenade von Bregenz am Bodensee. Schließlich hatten wir wieder denselben Ausgangspunkt gewählt wie 2004, den Zeltplatz Rohrspitz, westlich der Stadt. Die Richtung zu unserem Ziel war ja auch dieselbe. Nur die Entfernung war nun größer. Und natürlich genossen wir alle wieder auf der Terrasse dieses tollen Restaurants den herrlichen Blick auf den Bodensee. Das Wetter war angenehm und nicht zu heiß. Also beste Voraussetzungen für eine schöne Alpentour. 

Sonntag, 24.7.

sa comoAnders als es gestern den Anschein hatte, war der Himmel nun wolkenverhangen, und es war recht frisch. Das hielt uns jedoch nicht ab unser traditionelles Frühstück in der Runde im Freien einzunehmen. Hatten sich doch viele das ganze Jahr darauf gefreut. Beim anschließenden Zeltabbau mussten wir dafür nicht schwitzen. Um halb 10 gings dann los über die Schweizer Autobahnen das Rheintal hinauf. Wir kamen im Gegensatz zu 2004 so gut voran, dass wir uns bei Splügen von der Autobahn verabschieden und den gleichnamigen Pass befahren konnten - und das alles auf trockenen Straßen. Die Passstraße ließ erstmals ein paar alpine Gefühle aufkommen, wenngleich die Südseite mit mehreren fiesen Kehren - z.T. in Tunnels (siehe auch 2002) - weniger angenehm zu fahren war. Angenehm war dagegen die Tatsache, dass es mit fast jedem Höhenmeter nun wärmer wurde. So konnten wir unsere Mittagspause an einer Uferpromenade direkt am Comer See im Freien begehen. Überhaupt zeichnete sich das Wetter bisher durch angenehme Temperaturen aus.  


Das konnten wir voll genießen, wie wir die komplette Ostseite des Comer Sees entlang fuhren. Erst ab Lecco begaben wir uns auf Schnellstraßen und Autobahnen, auf denen wir den Rest des heutigen Tages bestritten. Die Fahrt durch die für ihre Hitze berüchtigte Po-Ebene war bei Temperaturen um die 30° relativ angenehm - hatten wir doch in den vergangenen Jahren ganz andere Erlebnisse. Das Ende unserer heutigen Tagesetappe war ein Zeltplatz auf einem Hügel nahe des Zentrums von Turin, im Park einer ehemaligen Königsresidenz. Erstmals in unserer Geschichte übernachteten wir in einer Großstadt. Nur leider befand sich das gesamte Areal in einem herunter gekommenen Zustand, und die wunderschöne Aussicht auf die Stadt wurde komplett durch große Bäume behindert. Originell dagegen war, dass wir auf dem Kinderspielplatz untergebracht wurden. Keiner hätte sich bis dato vorstellen können, wie praktisch die Spielgeräte für das Ablegen der Ausrüstung und das Aufhängen der Kleidung sein können. Einige von uns nutzten die Nähe der Stadtmitte, um zu Fuß an die Po-Promenade zu gehen und dort zu Abend zu essen. 

Montag, 25.7.

sa badZum stilechten italienischen Frühstück fuhren wir in einen Park ins Stadtzentrum, das in wenigen Minuten erreicht war. Der Park war von hohen Häusern und Bäumen umgeben, was die ganze Sache sehr angenehm machte - waren wir doch beim Zeltabbau schon ganz schön ins Schwitzen gekommen. Die heutige Tagesetappe war gerade mal 200 km lang. Wir konnten somit auf die teuren italienischen Autobahnen verzichten und fuhren auf Landstraßen durch die Po-Ebene. Kann auch ganz nett sein, wenngleich es da ziemlich flach zugeht. Die Temperaturen überstiegen nicht die 30°. Im ersten Alpental bei Cuneo wurde es wieder kurviger. Nach einer Pause kurz vor der französischen Grenze überquerten wir den Col de Lombarde (2351 m), den wir letztes Jahr schon in der anderen Richtung - leider bei Regen - befahren hatten. So konnten wir die wunderschöne Strecke bei Trockenheit genießen. Es war gerade mal 16 Uhr, als wir auf dem Zeltplatz in Isola ankamen. Nach dem Zeltaufbau stürzten sich gleich mal einige Wagemutige in die Fluten eines vorbei fließenden Gebirgsflusses. Gegen Abend fuhr eine Abordnung ins Nachbardorf und besorgte köstliche französische Wurst- und Käsespezialitäten so wie diverse Gemüse fürs Abendessen. Das Grillen musste leider ausfallen, weil es in der gesamten Region aufgrund akuter Waldbrandgefahr streng verboten war.

 

Dienstag, 26.5.

sa nizzaNach einem ausgiebigen Frühstück in unserer bewährten Runde zwischen den Zelten mit vielen französischen Köstlichkeiten erwartete uns ein herrlicher Sommertag mit erträglichen Temperaturen. Wie geplant ging es nicht weit von Isola den ersten Pass hinauf, den Col de St. Martin, der mit seinen 1500 m zwar kaum beeindruckt, aber kurventechnisch so ziemlich zum Schönsten gehört, was die Alpen bieten können. Es gab lange Passagen, die man allein mit dem 3. Gang ohne jegliche Bremsvorgänge - nur mit Gas auf und zu - bewältigen konnte, und bei Geschwindigkeiten von 40 - 60 km/h dennoch auf der letzten Rille daher kam. Es waren also wahre Kurvenräusche angesagt. Der darauf folgende Col de Turini (1607 m) machte gleich in dieser Tradition weiter. Nach der Mittagspause in Sospel kam noch der Col de Braus mit seinen 1002 m dran. Bei diesen Kurvenorgien kam bei wirklich niemandem mehr die Sehnsucht nach hochalpinen Eindrücken auf. Das Südende des Braus ist gerade mal 30 km von Nizza entfernt, weshalb unsere Planung einen kurzen Aufenthalt dort vorsah. Unser Nizza-Programm verlief allerdings etwas anders als geplant, weil wir wegen eines technischen Defekts bei einer der Maschinen erst mal den dortigen Honda-Händler aufsuchen mussten. Und bis wir weiter kamen, war die Rush-Hour in vollem Gange. Die Fahrt über die weltberühmte Uferpromenade wurde bei Temperaturen um die 35° fast zu Tortur. So war es kein Wunder, dass sich ein Teil von uns, kaum auf der Seeseite angekommen in die Fluten des Mittelmeeres stürzte, statt in eines der überteuerten Cafés zu sitzen. Natürlich hatte niemand Badekleidung dabei. Aber mit den heutigen Dessous ist das ja alles kein Problem. Eher ein Problem stellte die Tatsache dar, dass niemand was zum Abtrocknen dabei hatte. Es gab da schon einige originelle Szenen, wie sich da manche mit Hilfe der anderen in ihre Motorradklamotten zwängen mussten. Aber Hauptsache, es hat Spaß gemacht. Es dauerte dann gerade mal eine Stunde, bis wir von Nizza über die Rue National zurück zum Zeltplatz kamen. Da es aber schon relativ spät war, gingen wir heute zu Fuß ins Dorf in eine Pizzeria zum Abendessen. 

Mittwoch, 27.7.

sa lgksHeute war der „Schottertag“ angesagt. Sieben Wagemutige - später „Die Glorreichen Sieben“ genannt - machten sich auf den Weg die berühmte Ligurische Grenzkammstraße (LGKS) zu bezwingen. Die LGKS ist eine der spektakulärsten, wenn nicht sogar die spektakulärste Schotterpiste in den Alpen überhaupt: 80 km Schotter aller Körnungen in totaler Wildnis und mit fantastischen Ausblicken. Für uns war die Sache zudem noch von historischer Bedeutung, denn bereits vor 12 Jahren hatte die erste Expedition der Transalpfreunde über die berühmte Strecke stattgefunden. Heute wollten wir in die Fußstapfen dieser Pioniere treten. Über Nationalstraßen und die Riviera-Autobahn mit ihren atemberaubenden Ausblicken auf Monaco fuhren wir zum Ausgangspunkt nach Pigna, den wir nach 2 Stunden erreichten. Die LGKS machte gleich von den ersten Metern an richtig Spaß: Mittelschwere Piste mit tollen Aussichten. Im mittleren Teil fuhren wir dann bei leichtem Schotter durch endlose Wälder mit bis zu 70 km/h. Unsere Anfänger begannen schon an den Schilderungen über den Schwierigkeitsgrad zu zweifeln, als das fast schon nicht mehr Erwartete eintraf: Grober Schotter und - nun anders als 1993 - auf zerklüfteten Felsen. Die Transis setzten auf, die Steine schlugen hart gegen das Material. Aber alle hatten sich die Weisheit beherzigt auf keinen Fall vom Gas zu gehen. So kamen alle ungestürzt über die schwierigsten Passagen. Belohnt wurden wir nun durch die spektakulärsten Aussichten der LGKS, wie wir sie aus zahlreichen Fotos kennen. Nach einer Pause am Tenda-Pass ging es über das Stura-Tal und den Lombarde-Pass zurück. Die 7 relativ schnellen Fahrer konnten diesen nun ohne Gepäck und ohne Verkehr (!) so ca. um 20 Uhr voll genießen. Richtig „stoned“ vom Geschwindigkeits- und Kurvenrausch kamen die neuen „Helden“ auf dem Zeltplatz an.

Die Asphalt-Fraktion nahm sich heute den Col de la Bonette (2802 m) vor, den wir ja letztes Jahr schon befahren hatten. Die meisten der heutigen Teilnehmer waren damals aber nicht dabei. So wurde es doch wieder eine interessante Sache, zumal man heute den kurzen Spaziergang auf den „Gipfel“ des Bonette bewältigte. Auf der Nordseite legte man die Mittagspause ein, um danach die Strecke wieder zurück zu fahren. Der Autoverkehr hielt sich überraschend in Grenzen, was den Spaß durchaus förderte.
Abends aßen wir wieder alle gemeinsam im Freien die französischen Wurst- und Käsespezialitäten mit den obligatorischen Baguettes.

Donnerstag, 28.7.

sa verdonEin weiterer wunderschöner Sommertag erwartete uns. Dieses Mal wollten wir die Alpen Richtung Westen verlassen und die berühmte Verdon-Schlucht besuchen. Doch zunächst mal ging es wieder hoch, den Col de Valberg (1667 m) hinauf. Dieser bestach weniger durch Wahnsinns-Kurvenerlebnisse als durch wunderschöne Aussichten mit Dörfern, die wie Schwalbennester an die Felsen geheftet aussa-hen, und imponierende Schluchten. Überhaupt war die ganze Strecke zum Verdon sehr schluchtenlastig. Ganz ungeplant kamen wir durch diese Schluchten, die auch noch mächtig Spaß machten. Schließlich ging es auch hier sehr kurvig zu. Und der Verkehr war, wie die ganze Woche schon, sehr dünn - kaum vorstellbar in den Zentralalpen. Allerdings kam nun ein neues „Problem“ auf: Es wurde unerträglich heiß. Die Temperaturen in den Tälern kletterten stellenweise bis auf die 40°-Marke und machten das lange Fahren unangenehm. Als wir dann die Verdon-Schlucht erreichten, trat ein zusätzliches Phänomen erschwerend hinzu: Jede Menge Touristen, darunter Tausende von Holländern. Eine ungeplante Pause war nun unerlässlich - natürlich mit Badegelegenheit im Verdon. Mit etwas Verzögerung aber zusätz-lich erholt konnten wir nun die grösste Schlucht Europas genießen. Und es lohnte sich. Die Aussichtspunkte lagen direkt an den mehrere hundert Meter hohen Wänden. Und es gab eine richtige Panoramastraße an diesen Punkten entlang. Es war schon nach 18 Uhr, als wir den Rückweg antraten. Deshalb ließen wir den letzten geplanten Pass aus (Blene, 1464 m) und machten uns auf dem direkten Weg auf die zweistündige Rückreise. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit aßen wir wieder im Dorf in der Pizzeria. 

Freitag, 29.7.

sa nixenTja, das wars dann fast schon wieder - unsere schöne Alpentour 2005. Wir ließen es uns in Frankreich noch mal richtig gut gehen, bevor wir wieder alles auf die Transis packten und über den Lombarde die Heimreise antraten. Das Wetter war heute trüb, aber um den Regen kamen wir rum. Mehr machte uns dagegen der ungewohnt heftige Autoverkehr auf dem schmalen Sträßchen zu schaffen. Ein gutes Kurven-Feeling wollte sich nicht so recht einstellen. Da wir wie schon auf der Herfahrt nicht allzu weit zu fahren geplant hatten, konnten wir durch die Po-Ebene wieder auf Landstraßen fahren. Dabei erlebten wir eine Überraschung: Bei der Ostumfahrung von Turin stießen wir auf eine hügelige Region - quasi eine Gebirgsinsel mitten im weiten Flachland, mit Kurven und alles, was dazu gehört. Die Fahrt durchs Flachland war von Temperaturen um die 30° gekennzeichnet. Gegen 16 Uhr kamen wir an das Ende unserer Etappe, dem Lago di Viverone an, einem See zwischen Turin und Mailand. Interessant hier war, dass den eigentlich kein Mensch kannte - offensichtlich auch die Italiener nicht. Das nahezu kreisrunde Gewässer hatte einen Durchmesser von kaum über einen Kilometer und lag wirklich idyllisch mit Blick auf die ersten Alpenausleger. Der Zeltplatz war so leer, dass wir ein riesiges schattiges Areal für uns nutzen konnten. Natürlich stürzte sich die gesamte Meute nach Aufbau der Zelte in die Fluten. Abends gings zu Fuß in eine Pizzeria ins Dorf, wo wir einen weiteren Vorteil der Unbekanntheit dieses Sees genießen konnten: Die Preise lagen um fast 50% unter denen der anderen Regionen, die wir durchfahren hatten. Eine größere Popularität hatte der See allerdings unter den Stechmücken, die ab ca. 21 Uhr wie auf Kommando zu Millionen ausschwärmten und uns in geschlossene Räume trieben.

Samstag, 30.7.

sa viveroneWie schon fast traditionell frühstückten wir heute wieder „mit Stil“ auf einer Hotelterrasse direkt am See. Und siehe da, auch hier waren die Preise nur halb so hoch wie sonst, und wir ließen es uns wieder so richtig gut gehen. Auf den ersten Voralpenstraßen wurde es dann gewohnt kurvig. Es ging jedoch wegen der dichten Besiedlung nur langsam voran, und nach unserer Mittagspause kurz vor dem Orta-See war es mit dem schönen Wetter zu Ende. Ein Tief erwischte uns voll und brachte zunächst mal heftigen Regen, der erst ab dem Lago Maggiore nachlies. Die Fahrt am Westufer machte nun weniger Spaß, was aber nicht an der einsetzenden Kälte lag, sondern an dem heftigen Autoverkehr. Die Blechlawine wälzte sich Stoßstange an Stoßstange nach Norden. Und obwohl wir ein sehr gutes Zusammenspiel beim Kolonnenspringen an den Tag legten, ging es nur sehr langsam voran. Wir waren richtig froh, als wir in Locarno auf die Autobahn konnten. Nun ging es deutlich schneller nach Norden über den Bernardino-Tunnel. Allerdings hatten wir nun einen Temperatursturz von 25° bei nassem Wetter zu verdauen. Das zehrte ganz schön an der Stimmung. Es war schon nach 20 Uhr, als wir bei wieder einigermaßen erträglichen Temperaturen auf dem Zeltplatz bei Bregenz aufbauten. Das letzte Abendessen fand dieses Mal natürlich im Restaurant drinnen statt.

Sonntag, 31.7.

Das unvermeidliche Ende unserer Alpentour war gekommen. Das immer noch feuchte Wetter veranlasste uns, das Frühstück im Seerestaurant einzunehmen. Ein letzter Zeltabbau, ein letzter Abschied, und die Veranstaltung endete weit unspektakulärer, als sie begonnen hatte. Schließlich wollten die meisten nur noch heim.

Fazit:

Zunächst dieses: Die Zufriedenheit und Stimmung der Jahre vor 2004 wurde wieder voll erreicht, was sicher zum grössten Teil am Wetter und den ausgebliebenen Stürzen lag. Aber auch das Programm mit seiner Abwechslung zu den früheren Alpentouren kam voll an: Vom Besuch in Nizza, der eintägigen Schottertour, dem Besuch der Verdon-Schlucht bis hin zum Lago di Viverone - und natürlich nicht zu vergessen, die tollen Kurvenorgien. Es passte einfach alles. Jetzt müssen wir uns nur noch überlegen, wo die nächste Alpentour hingehen soll - bei gleichzeitiger Befriedigung unserer mittlerweile sehr hohen Ansprüche. Wird gar nicht so einfach sein. Aber wir werden sehen…

Organisation: Georg Spindler
Fotos: Mike Tschumper, Georg Spindler, Karsten Booß

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