Es gibt Situationen, da darf man als Veranstalter auch mal stolz sein, z.B. wenn die einwöchige Gebirgstour eine Beteiligung er-fährt, wie wir sie zum letzten Mal vor 5 Jahren hatten - und das in einem „schrumpfenden Markt“ (gemessen an den Marktanteilen der Transalp). Das sah in unserem Fall konkret so aus, dass 11 Transalpfahrer und 3 -fahrerinnen an unserer großen Cevennen-Tour teilgenommen haben. Offensichtlich hatten wir mit der - vorläufigen - Alternative zu unseren Alpentouren ein glückliches Händchen.

Samstag, 1.9.

Im Laufe des Nachmittags fanden sich die Teilnehmer aus diversen Regionen Deutschlands auf einem Zeltplatz am Schluchsee im Südschwarzwald ein. Die weitesten kamen aus Ruhrpott und Sauerland. Das Wetter war zumindest am Treffpunkt angenehm. Nach einem ausgiebigen Essen im Zeltplatzrestaurant saßen wir noch eine Weile in der Runde bei den Zelten und führten die beliebten Benzingespräche. Allzu spät wurde es nicht, denn anders als an Boden- oder Chiemsee waren wir nun mitten im Gebirge, so dass bald einstellige Temperaturen erreicht waren. Wohl dem, der einen warmen Schlafsack hatte.

cv annecySonntag, 2.9.

Wenn die Nacht doch recht frisch war, so wurden wir am Morgen mit einem strahlenden Spätsommerwetter belohnt. Wie sich unsere Gruppe über die schönen und noch relativ leeren Schwarzwaldsträßchen schlängelte, wurden wir von der Postkartenidylle regelrecht erschlagen. Erst im Rheintal nahm die Verkehrsdichte deutlich zu. Doch bald ging es in den Schweizer Jura über, und die Idylle hatte uns wieder. Unsere Route führte durch das Französisch-Schweizer Grenzgebiet, wobei wir öfter die Grenze überschritten. Je weiter wir nach Süden kamen, umso weniger dicht besiedelt war die Region - für Schweizer Verhältnisse völlig ungewohnt. Die Temperaturen waren bei knapp 20° angenehm. Erst als wir den Jura und die Schweiz Richtung Westalpen verließen, wurde es mit 27° richtig warm. Deshalb stürzten sich gleich einige von uns in die Fluten des Lac d’Annecy, an dessen Ufer wir unsere Zelte für die Nacht aufgeschlagen hatten.

 

 

Montag, 3.9.

cv glandon

Nach dem ersten französischen Frühstück - mit Baguettes, Croissants und Café au Lait - ging es zunächst über relativ unbekannte, aber wirklich schöne und kurvige Nebenstraßen zum Col de Glandon, der mit seinen fast 2000 m Höhe, der höchste Pass auf unserer Tour sein sollte.

Über diverse, weniger hohe Passstraßen, die noch nie in einer Motorradzeitschrift erwähnt wurden, bewältigten wir den Übergang von den Alpen ins französische Zentralmassiv. Die letzten Kilometer vor unserem Ziel Vallon Pont d’Arc waren noch mal richtig mit traumhaften Kurven gesegnet. Aber dann war es wirklich genug. Seit Sonntagmorgen hatten wir 850 km auf Landstraßen zurückgelegt. Auch wenn unser Team sich zum ersten Mal ausschließlich aus erfahreneren Fahrern zusammensetzte - was natürlich tierisch Spaß machte - waren alle froh, als wir an der Ardèche jetzt nun für 4 Nächte unsere Zelte aufschlagen konnten.

 

Dienstag, 4.9.

cv st_martinNach dem schon aus früheren Touren gewohnten, üppigen französischen Frühstück ging unsere erste Erkundungstour los. Wie es sich gehörte, starteten wir mit der Befahrung der be-rühmten Ardèche-Schlucht. Aufgrund der Nachsaison war relativ wenig los. Wir konnten sowohl die Atem beraubenden Aussichten als auch die Kurven relativ ungestört genießen. Am Ende der Schlucht in St. Martin pausierten wir stilecht in einem Straßencafé am Ardèche-Ufer.

Danach ging es über einige schöne und kurvige Sträßchen nach Orgnac l’Aven die berühmte Höhle besichtigen - unser einziger echter Kulturpunkt. Man muss kein Höhlenfreak sein, um von den Eindrücken überwältigt zu werden. Der für Besucher zugängliche Teil führt bis zu 115 m unter die Erdoberfläche. Es sind vier ineinander übergehende Säle mit bis zu 50 m Höhe zu durchqueren. Am späten Nachmittag waren wir von der relativ kurzen Tour wieder zurück, so dass sich der grösste Teil von den Strapazen der letzten Tage ausruhen konnte, während ein paar Schotterfreunde ihren Spaß abseits asphaltierter Straßen suchten und fanden. Thema: Felsen mit 30 cm Absätzen und eine Flussdurchquerung mit Wassertiefe auf Höhe der Schwinge… Abends grillten wir wie schon auf den früheren Frankreich-Touren unser Essen selbst. Nur hier spürten wir die „fortgeschrittene“ Jahreszeit. Wenn wir tagsüber auch Traumwetter mit Temperaturen bis maximal 25° hatten, mussten wir uns ganz schön einpacken, wenn wir länger als 22 Uhr draußen sitzen wollten.

cv cevennen_typischMittwoch, 5.9.

Heute stand der erste richtige Vorstoß in die Cevennen an. Auf dem Programm standen die Pässe Croix de Bauzon (1538 m) und Col de Meyrand (1371 m). Es ging über unzählige Kurven, enge und z.T. recht holprige Sträßchen die Berge rauf und runter. Wir genossen traumhafte Aussichten. Ein Mal sahen wir die Alpen in 100 km Entfernung, ein Mal die Pyrenäen.

Die Mittagspause begingen wir auf einem Picknick-Areal an einem See bei Langogne. Natürlich wollten wir uns auch hier die für unsere Verhältnisse sehr hohen Gaststättenpreise sparen, was uns aufgrund des herzhaften Vespers auch sehr gut gelang. Bevor wir zurück fuhren, machten wir einen Schlenker durch eine der menschenleersten Regionen Frankreichs. Das einspurige Asphaltsträßchen schlängelte sich fast 2 Stunden durch Wälder und Berge, in denen wir kaum eine Menschenseele trafen. Wie gestern auch schon brachen die Schotterfahrer nach der Ankunft auf dem Zeltplatz zu ihrer fakultativen Offroad-Aktion an. Thema heute: Grober loser Schotter bei steilen Auffahrten und seitlich abschüssigen Pisten… Das Abendessen bereiteten unsere beiden Hobbyköche zu, einen selbst kreierten, äußerst schmackhaften Eintopf.

Donnerstag, 6.9.

cv tarnWieder machten wir uns nach dem Frühstück Richtung Osten auf. Der Aufstieg ging dieses Mal über guten Straßenbelag - aber auf einer wunderschönen, endlos anmutenden Kurvenstrecke, wo fast jeder seine persönliche Schräglagengrenze erweitern konnte. Auf dem Berg angekommen hatte man fast Mühe sich nach den ganzen Schräglagen gerade zu halten. Eines unserer Ziele heute war die Hochfläche Méjean. Nach zahllosen Kurven dort angekommen erwarteten uns Temperaturen im einstelligen Bereich und ein schneidend kalter Wind. Die steppenartige Landschaft erinnerte eher an Bilder aus Zentralasien. Wir waren regelrecht froh wieder ins Tal zu kommen und uns bei angenehmen Temperaturen an einem Café au Lait zu wärmen. Weiter gings dann zur berühmten Tarn-Schlucht, an deren Eingang wir unser Mittags-Picknick einlegten. Hier war es wieder angenehm warm mit Temperaturen um die 25°. Die Tarn-Schlucht ist eine der Hauptattraktionen in den Cevennen und könnte von den Eindrücken her auch irgendwo in den USA sein. Nur die Dörfer unterschieden sich davon mit ihrem französischen Charme. Danach ging es wieder zurück über zahllose Kurven, Berge und Täler. Heute Abend grillten wir nicht, sondern ließen es uns in der wirklich vielfältigen Gastronomie in Vallon Pont d’Arc gut gehen.

Freitag, 7.9.

cv machineTja, das war’s nun auch schon fast wieder. Unsere Cevennen Tour neigte sich dem Ende zu. Nach Abbau der Zelte setzten wir uns zunächst über schmale Nebensträßchen nach Norden in Bewegung, bevor wir bei Privas den Ostschlenker auf Nationalstraßen tätigten. Die Landschaftseindrücke waren immer noch sehr eindrucksvoll. Nach Überquerung der Rhone fuhren wir schnurstracks auf die Alpen zu. Kurz vor Dié machten wir im Zentrum eines typisch französischen Kleinstädtchens unsere Mittagspause, bevor wir uns über eine Kombination von nicht allzu hohen Pässen nach Norden Richtung Grenoble wandten. Eigentlich hatten wir gedacht, wir hätten die spektakulärsten Eindrücke dieser Tour nun schon wirklich hinter uns, als wir über den wenig erregenden Col de la Machine mit seinen schlappen 1011 m Höhe kamen. Was wir da sahen, ließ selbst eingefleischten Alpenfahrern den Atem stocken. Die Straße war kühn in den Felsen gehauen. Der Abgrund daneben war mit über 600 m einer der tiefsten überhaupt in den Alpen! Von einem Moment auf den anderen hatte man das Gefühl aus dem Flugzeug zu schauen. Bevor wir in Grenoble auf die Autobahn gingen, bewältigten wir noch mal eine wunderschöne Schlucht sowie die traumhafte Abfahrt vom einstigen Olympia-Schigebiet. Kurz vor unserem Etappenziel bei Annecy verließen wir die Autobahn und konnten noch mal richtig die Seitenkoffer kratzen lassen.

Samstag, 8.9.

cv genfNach dem Frühstück war die offizielle Veranstaltung zu Ende. Das Wetter war zwar bewölkt, aber trocken. Das Teilnehmerfeld hatte sich schon gelichtet, so dass jetzt nur noch acht zur gemeinsamen Heimreise aufbrachen. Nach Überquerung der Rhone bei Genf kam wieder die Sonne voll durch, so dass wir im französischen Jura noch mal so richtig schöne Toureneindrücke gewinnen konnten. Ein Wahnsinns-Erlebnis war der Aufstieg in den Jura, wo wir eine traumhafte Aussicht auf den Genfer See mit den dahinter liegenden Alpen hatten. Die Luft war klar, und auf Augenhöhe sahen wir die Wolkendecke von heute morgen. Im Jura fanden wir wieder regelrechte Postkartenlandschaften vor. Nach einer letzten Pause ca. eine Stunde vor dem Dreiländereck trennten sich die letzten Teilnehmer voneinander. Die Tour als solches war zu Ende.

Fazit:

Mit der Cevennen-Westalpen-Kombination ist uns nun wirklich wieder ein großartiger Coup gelungen. Nicht nur die große Teilnehmerzahl hat überrascht, sondern die zahlreichen neuen und Atem beraubenden Eindrücke, die wir abseits der bekannten Routen gewinnen konnten. Sicher hat auch das bisher selten homogene Fahrerfeld einen zusätzlichen Beitrag zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen. Alles in allem wieder eine der schönsten Touren bei schönstem Wetter...

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Und hier zum Abschluss ein schönes Video.

Organisation: Bodo Lubensky (Cevennen), Georg Spindler (Westalpen)
Fotos: Hans-Josef Bürger, Mike Tschumper, Ingo Tiegs, Freia Wiemann, Bodo Lubensky